Nachdem ich das Buch Das kann ich auch gelesen hatte und von dessen Lekture recht angetan war, lenkte dessen Nachfolgewerk Das sagt mir was! meine Aufmerksamkeit auf sich. Das Buch trägt den Untertitel Sprachführer Deutsch-Kunst Kunst-Deutsch. Das erste Buch war eine Empfehlung und das zweite deshalb schnell gekauft (und gelesen).
Zu Beginn des Kapitels Basiswissen VI – So rede ich ein Wörtchen mit – Der Wichtigkeitsdiskurs – findet sich folgende Textstelle:
«Ich muss Ihnen nicht sagen, dass Arnold Gehlen als einer der ersten auf die Kommentarbedürftigkeit der modernen Kunst hingewiesen hat … » Nein, das wäre wirklich nicht nötig gewesen, danke! Bemerkungen wie diese werden nicht gemacht, um gemeinsam der Kunst näher zu kommen, sondern vor allem, um die eigene Kompetenz zu demonstrieren.
Ist dies so? Keine grosse Ahnung von der Sache haben aber mitreden um anzugeben (oder etwas zu kompensieren), vermutlich mit dem Gefühl verbunden, dass auch das Gegenüber keinen grossen Tiefgang hat. In solchen Fällen ist mir Ratlosigkeit lieber.
Genau hier setzt das Buch an. In 5 Stationen wird die Szenerie durchschritten, die Vernissage, der Souveräne, zu Besuch im Atelier, im Museum und daheim beim Sammler. Bei all diesen Gelegenheiten (anzugeben) hilft das Buch die Sprechblasen bedeutungsvoll zu füllen, Kleidercodes einzuhalten, sprachliche Stolperfallen zu vermeiden und nebenbei das kalte Buffet abzuräumen. Zum Schluss gibts eine Lernkontrolle: Sprechen sie Kunst?.
Zurück bleibt nach der Lektüre das etwas befremdende Gefühl, das Sittengemälde einer gelangweilten, oberflächlichen, egozentrischen Gesellschaft gelesen zu haben. Das war wohl so nicht beabsichtigt.
Um Kunst geht es also nicht, das Buch ist tatsächlich nur ein Sprachführer, den Autoren kann kein Vorwurf gemacht werden. Ich hätte gewarnt sein sollen, sind doch seichte Sprachführer gerade gross in Mode (z.B. Frau-Deutsch und so Zeugs) – hier reiht sich das Buch gut ein, ich werde meiner Euphorie das nächste mal Zügel anlegen.
Trotzdem hat das Buch etwas gutes: Es enthält einen beachtlichen Fundus szenentypischer Aussagen sowie deren Übersetzung – diese lesen sich zuweilen wie Slapstick, ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass sie realen Begebenheiten entsprechen:
Pathos trifft auf Alltäglichkeit -> Ein monumentaler Müllhaufen
Eklektisches Ensemble -> Messie de luxe
Eine Hommage an … -> Einfallslose Nachahmung
Ich werde diese Worthülsen mal testen, mit dem Wortschatz dieses Buches lässt sich die Gefahr rechtlicher Schritte bei zukünftigen Bildbesprechungen doch stark reduzieren.
Fazit:
Das Vorgängerbuch Das kann ich auch!: Ja gerne.
Dieses Buch Das sagt mir was!: wer’s braucht.
Gruss
Andreas