Heute bin ich einem Beispiel begegnet, welches den Unterschied zwischen Denotation und Konnotation perfekt zu illustrieren vermag, von der Rückscheibe eines chiquen Kleinwagens lachte mich das folgende Zeichen an:
Eine Denotation ist die Bedeutungszuordnung zu einem Zeichen – damit eine Kommunikation mittels dieses Zeichens funktionieren kann muss diese Denotation von mehreren Leuten geteilt werden – man muss sich also verstehen. Auf dieser Ebene dürfte das Zeichen in unserem Kulturraum nicht von allen verstanden werden.
Aber da ist auch noch die Konnotation, all die subjektiven Nebenbedeutungen, die beabsichtigte «Kommunikation» dürfte in diesem Bereich zu finden sein.
Was vermittelt uns das Zeichen?
Ein den meisten von uns fremder Kulturraum, allerdings gehen wir intuitiv davon aus, dass dem Fahrer die Bedeutung des Zeichens geläufig ist. Es symbolisiert damit also die Kenntnis eines fremden Kulturraumes, Japan oder China, durch den Besitzer des Wagens, ein Kulturraum, mit welchem er sich so stark identifizieren kann, dass er eines dieser geheimnisvollen Zeichen auf seinem Auto schauläuftfährt.
Die weitere Bedeutung liegt für uns in Düsternis, wir könnten aber bestrebt sein, von anderen Eindrücken her das Bedeutungsumfeld des Zeichens zu vermuten. Es ist das Auto eines jungen Mannes, schwarz mit getönten Scheiben, Chromefelgen, ein paar Tuningdetails sind auszumachen, dem Innern entrinnen dumpf scheppernd Bassklänge – ein Kleinkredit auf 4 Rädern. Zen-Buddhismus sieht anders aus, das Zeichen braucht Machismo. Asiatischer Kampfsport könnte in Frage kommen, oder etwas aus dem Lebensbereich eines Yakuza (japanische Mafia), zur Not auch die Fantasywelt der Mangas.
Jetzt trotzdem nochmals zur Denotation: Ich weiss nicht was man dem Besitzer des Wagens zur Bedeutung des Zeichens gesagt hat, japanisch interpretiert ist es ein Adjektiv – yasu(i) – und steht für «billig».
Gruss
Andreas
Schöner Beitrag, einerseits zu den Begriffen und dann auch die Pointe.
Da’s mich aber dann hat, wo das Missverständnis herkommt bin ich schliesslich hier gelandet. Da ich ja gar keinen Durchblick in den Aufbau und die Entwicklung der asiatischen Sprachen habe, mich aber grundsätzlich für Etymologie interessiere: Was hat es mit dem «Han character», welcher für den Besitzer wohl die angenehmere Ãœbersetzung hätte, auf sich und wie hat sich aus dieser Bedeutung billig entwickelt? Weisst du da gerade mehr dazu?
Oh, da fehlt ein «interessiert». Bitte gedanklich vor dem ersten «hat» einfügen. Danke.
Sowieso sollte ich mein Geschreibsel nicht nachkorrigieren, das kommt jeweils schlecht. Siehe dazu exemplarisch den Satzteil dach dem Durchblick ;-).
thanks remo
ich bin gerade etwas erstaunt über die bedeutung des hanzeichens – es war mir klar, dass das chinesische zeichen nicht immer mit dem japanischen überreinstimmt, in diesem falle finde ich, gibt es der geschichte aber eine neue wendung.
soweit ich das verstehe wurden die zeichen im wesentlichen von chinesischen lehrern nach japan gebracht, aber auf zwei arten übernommen. die kunyomi lesart behält die bedeutung bei, wird aber japananisch ausgesprochen, onyomi ist die sino-japanische lesart – dabei wurde das zeichen mit dem laut übernommen.
in der sino-japanischen lesart kommt es auf AN… raus – musste ich erst nachschlagen, das wäre frieden – benötigt aber noch eine weiteres zeichen, d.h. so alleine stehend geht das nicht.
gruss
andreas
Danke für Deine Erklärungen, Andreas.
Hat’s mit den Zahlen eigentlich ähnliches auf sich? Die haben die Japaner ja – so glaube ich zumindest bzw. wurde mir von einer Japanerin erklärt – auch aus China, oder?
Nichtsdestotrotz finde ich den doch recht deutlichen Bedeutungswechsel immernoch sehr faszinierend. Aber ich mag – bezogen auf die Geschichte – die Kanji-Bedeutung lieber, denn das ist mal wieder so ein Beispiel, weshalb man nicht ganz alles glauben sollte was einem die Leute so erzählen. Wie viele tätowierte wohl mit Fluchen herumlaufen?
Auch Dir ein Gruss,
remo
ok, ich hab mal keiko gefragt – es läuft wohl darauf hinaus, dass obiges zeichen als hanzeichen zu sehen ist – aber eine weitere bedeutungsebene hat sie zugefügt. zeichen werden positiv oder negativ gesehen, yasu(i) ist durchaus positiv, es hat nicht automatisch den schlechten beiklang wie bei uns.
für zahlen gibt es im japanischen zwei systeme, normal gezählt wird mit den chinesischen (resp. vom chinesischen abgeleitete -ichi, ni, san, yon, go …). alltagsgegenstäde werden aber von 1 bis 10 mit japanischen zahleinheitswörtern gezählt (hitotsu, futatsu, mittsu … – es gibt aber für verschiedene «sachen» (schlanke gegenstände, stockwerke, kleine tiere, geheftete sachen …(praktisch endlos)) unterschiedliche endungen (quasi einheiten)). so was ähnliches gibt es bei uns auch für einzelne zahlen, z.b sagt dutzend nicht nur 12 aus, sondern auch gleich, dass es sich um abzählbare stücke handelt, oder zentner, bei welchem auch gleich klar ist, dass es sich dabei um ein gewicht handelt (nicht als stücke abzählbar).
gruss
andreas
Sehr interessant, all die Infos zu den Schriftzeichen. Dankeschön!
Um es vorwegzunehmen: Das chinesische Zeichen symbolisiert meist Frieden (an (1.Ton)). Es kann aber auch Ruhe, Sicherheit (körperlich), mit etwas zufrieden sein, sich niederlassen, installieren oder montieren, jemanden für etwas verantwortlich machen bedeuten.
Der obere Teil des zusammengesetzten Zeichens steht für Dach (mian(3.Ton)) oder Haus – der untere Teil symbolisiert eine sitzende oder kniende Frau (nü(3.Ton)). Also kurz: Eine Frau unter dem Dach symbolisiert Frieden. Den Regeln des Anstandes zufolge verbrachte eine geachtete Frau nach der Heirat ihr Leben innerhalb der Wände ihres Heims. Eine ungesicherte Interpretation würde zu weit führen und wäre sicher falsch.
An(1.Ton) erzeugt in Verbindung mit weiteren Zeichen vielfältige neue Bedeutungen, die ebenso aufschlussreich sind. Das Nachschlagen in einem chinesischen Wörterbuch hilft dabei.
Mian(3.Ton) gekoppelt mit dem Zeichen für Schwein bedeutet beispielsweise Haus (jia(1.Ton)). Das Schwein war vermutlich das erste domestizierte Tier der Chinesen und ausserdem ist es sehr nützlich.
Die chinesischen Symbole lassen sich nicht immer so einfach lesen, eröffnen aber vielfach spannende Einblicke in die Entwicklug des Denken dieser Kultur.
Ob der Eigentümer des aufgemotzten Wagens sich der Bedeutung dieses Symbols bewusst ist oder nicht, darf bezweifelt werden. Es ist vermutlich einfach schick sich oder seine Umgebung mit Symbolen zu schmücken ohne den Sinn erkennen zu können (Markierungsinstinkt). Die Verknüpfung der weitgefächerten Bedeutung dieses Symbols für Frieden mit einem Automobil ist ein Anspruch, den es zu diskutieren gäbe. Tausende von Kreaturen werden jährlich weltweit ohne Notwendigkeit in den ewigen Frieden versetzt. Ein simpler Totenkopf würde schockieren. In Verbindung mit dem Auto wäre er aber besser geeignet. Die symbolisierte Nekrophilie gehört in gewissen Kreisen zur akzeptierten Kommunikationsmittel. In Zusammenhang mit Gefahrensymbolen hat der Totenkopf eine sinnvolle Bedeutung. Bis heute habe ich nie gesehen, dass Gifte enthaltende Gefässe mit «Frieden» gekennzeichnet» wurden. Das würde wohl als grober Unfug abgetan.
Es kann nur spekuliert werden: Entweder hat der Potenzschlitten schon den ewigen Jagdgründen zugedient und der Fahrer ist auf dem Weg zur Besserung oder er wünscht sich und anderen den Frieden, den sie nicht freiwillig wollen.
Das Symbol für Frieden steht auf dem falschen Objekt.
vielen dank für die erklärung, domo arigato samuel san. shitsumon ja nai desu.