Das Tao der Kriegsfotografie

Dies ist kein schönes Thema und auch nicht was man als Hobbyfotograf anstreben sollte. Trotzdem habe ich schon mehrmals Diskussionen zu diesem Thema miterlebt, Forenbeiträge im Sinne von Wie wird man Kriegsfotograf?.
Ich frag mich dann jeweils, was steht hinter dieser Frage.

Die Kriegsfotografie hat klar ein paar fotografische Ikonen hervorgebracht, Bilder welche sich oft gut eignen um den Wahnsinn des Krieges zu illustrieren. James Nachtwey hat mit dem Film War-Photographer dem Kriegsfotografen ein Gesicht gegeben – ein neuer Filmcharakter war geschaffen, ein durch Beschädigung gereifter Held. Klar, dass sich dieser Charakter auch gleich in anderen Filmen anwenden liess, als Beispiel mögen zwei Filme dienen: In my Father’s Den und The Interpreter. Interessant finde ich bei diesen Filmen, dass die Kriegsfotografie mit der Geschichte nichts zu tun hat, sondern nur dazu dient, Figuren eine Vergangenheit zu geben. Die Kriegsfotografie ist also die Filmwürze und nicht der Hauptgang, wenn das Gericht dann schmeckt wird wohl oft der falsche Schluss gezogen.

Eine andere Möglichkeit der Vernebelung ist dem Konzept der Embedded Journalists zu verdanken. Das Militär kontrolliert die Bilder, diese Art des Journalismus zeigt somit auch nur noch was gefällt.

Um jetzt zum Hauptpunkt zu kommen: Was bedeutet Kriegsfotografie den nun genau?
Der Anlass für diese Posting ist Bruce Haley, resp. sein Artikel Tao of War Photography (Link aus gutem Grund weiter unten). Ein Detail: Bruce Haley braucht meist das Wort Konflikt, nicht Krieg. Er führt 64 Punkte zum Thema an, vor lauter Sarkasmus sollte man nicht übersehen dass sie wohl ernst gemeint sind.

Beispiel: 57. If the soldiers you are accompanying believe that to die a martyr’s death admits them instantly to paradise, while you believe that to die a war photographer’s death probably just hurts a lot, these irreconcilable differences should give you pause for reflection.

Anyway, jetzt noch zu den Links, doch zuvor eine Warnung:

Wenn James Nachtwey zum Thema Kriegsfotografie sagt, eine gewisse Ästhetik sei notwendig damit die Bilder überhaupt geschaut werden (sinngemäss) – so könnte man sagen, dass Bruce Haley dieser Schule nicht folgt. Um es direkt zu sagen: Die Serie Burma Executions ist verstörend, als ich die Bilder sah fragte ich mich, wie konnte er fotografieren. Andererseits, hätte er da eingegriffen gäbe es hier ausser einem Nachruf wohl nichts mehr zu schreiben. Dies ist keine Kritik an Bruce Haley, es ist eher was bleibt wenn alle Naivität gewichen ist – dies sind wohl die erwähnten Beschädigungen des Helden und die Szenen, die den Sarkasmus in den erwähnten 64 Absätzen bewirken.
(Ich bin mir der Ambivalenz des Hinweises bewusst – Es ist ein allgemeines Verfahren interessante Plätze mit Warnhinweisen zu markieren – in diesem Fall ist dies aber durchaus auch ernst gemeint.)

Jetzt zu den Links:

Bruce Haley’s Tao of War Photography (nur Text)
Eine Anmerkung zur oben erwähnten Serie auch noch in Worten von Bruce Haley (nur Text)
Die Startseite.

So, die nächste Forendiskussion zum Thema Wie wird man Kriegsfotograf? kann kommen.

Gruss
Andreas

2 thoughts on “Das Tao der Kriegsfotografie

  1. Selten haben mich Bilder so lange beschäftigt, wie diese. Ich werde wohl noch eine ganze Weile brauchen um, wenn überhaupt, ein Urteil darüber fällen zu können, ob diese Fotos nötig sind oder nicht…

    Bruce Haley schafft es, die Grausamkeiten, das Leid und die Menschenverachtung eindeutig und scheinbar ungefiltert dar zu stellen. Die Technik und Professionalität ist beeindruckend. Was die Bilder bei mir hervorrufen ist Schockiertheit und eine große Ambivalenz: Will ich das überhaupt wissen – sollen es nicht alle wissen?? Er könnte es schaffen, dem Betrachter zu zeigen: so ist der Krieg «wirklich» – so dass dieser dann zu dem Schluss kommt: «das lassen wir besser sein». Doch zeigen die Bilder der Exekution auch den Stolz und das Rechtsgefühl des «Ausführenden». Könnte er sich mit diesen Aufnahmen nicht auch rühmen – die Serie gerahmt im Wohn- oder Schlafzimmer aufhängen?

    Ich glaube nicht, dass ich je zu einem Schluss kommen werde, ob solche Fotos wirklich nötig sind. Doch wenn ich mir vorstelle, ich wäre der Fotograf und bei dieser Exekution anwesend gewesen – ich hätte diese Bilder überhaupt nie machen können und dann noch später in den Nachtstunden das Opfer abermals für ein paar Aufnahmen schön auszuleuchten… Man muss sicher ein besonderer Typ Mensch sein, um diese Arbeit zu machen und nicht nur für ein Mal sondern wieder und wieder. Vielleicht gibt es diese ja auch in den Fotoforen… nein, wer so drauf ist, ist besessen und hat weder Zeit noch Interesse, sich in den Foren beweisen zu müssen.

    Viele Grüße

    Guido

    PS Andreas, vielen Dank für deine Site, Du machst eine hervorragende Arbeit.

  2. thanks guido

    mir geht es ähnlich wie dir – ich denke, es braucht die bilder, sicher nicht in grossen dosen, aber ich möchte wissen wovon die rede ist – gerade wenn es um solche themen geht.
    für mich hat die sache zwei seiten: die bilder zeigen einerseits, wozu menschen fähig sind (obwohl die geschichte dies an sich klarmachen sollte), andererseits zeigen sie, wie der krieg aus menschen monster werden lässt.

    gruss
    andreas

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