Bewegungsunschärfe

Wie der Name schon sagt entstammt diese Unschärfe einer Bewegung. Von normaler Unschärfe unterscheidet sie sich darin, dass sie eine klare Richtungskomponente hat. Punkte im Motiv werden im Bild zu kleinen Linien, welche alle in die gleiche Richtung verlaufen. Aber nicht das ganze Bild wird unscharf, sondern nur der sich bezüglich Bildausschnitt bewegende Teil. Diese Unschärfe eignet sich ideal zur Darstellung ihrer Ursachen: Lebendigkeit, Bewegung, Geschwindigkeit und Action.

Wird die Kamera ruhig gehalten - so wird bei entsprechend langer Verschlusszeit alles was sich im Motiv bewegt unscharf. Bewegung lässt sich derart im Bild gut symbolisieren.

Bei diesem Bild führt ein zusätzlicher Aufhell-Blitz zu einem, dem unscharfen Bild überlagerten, scharfen Bild. Das Verhältnis von scharfem zu unscharfem Bild wird über die Blitzleistung eingestellt und muss in den meisten Fällen wohl experimentell ermittelt werden.

Bild: Ursula Battanta

Wird die Kamera parallel einem sich bewegenden Motiv mitgezogen, so erscheint der eigentliche sich bewegende Motivteil scharf - an seiner Stelle liegt jetzt dessen Umfeld im Unscharfen.

Lag die Aussage bei unscharfem Motiv vor scharfem Umfeld eher auf Bewegung - so entsteht hier insbesondere auch der Eindruck von Geschwindigkeit. Das Umfeld erscheint in der gleichen Art unscharf, wie wir es vom Blick auf kurze Distanz aus dem fahrenden Zug (oder Auto) kennen.

Bild: Ursula Battanta

Durch Zoomen während der Aufnahme entsteht ein Bewegungseindruck in die Tiefe.

Ähnlich von Fluchtlinien verlaufen die Unschärfelinien ins Bildzentrum. Automatisch entsteht dadurch der Eindruck von Augenperspektive, unabhängig der tatsächlichen Perspektive welche sich durch Standort und Aufnahmerichtung ergibt.

Des weiteren ist natürlich auch eine reine Kamerabewegung bei längerer Verschlusszeit denkbar. Der Effekt ist allerdings bei geringer Bewegung nicht besonders vorteilhaft.

Bild: Ursula Battanta

Geht man die Sache genügend grosszügig an, bis sich das Motiv in der Unschärfe gänzlich versteckt, so braucht das Resultat keinesfalls jeglicher Ästhetik zu entbehren.

Künstler ist nur einer, der aus der Lösung ein Rätsel machen kann.

(Karl Kraus)

Ergo: Man darf sich zwischendurch durchaus kleine bildgestalterische Experimente gönnen.

Durch die Richtung der Kamerabewegung wird die Richtung der Unschärfe bestimmt. Der Fotograf kann dadurch ein Bildformat unterstützen oder diesem entgegenwirken, aber auch durch schräge oder gar diagonale Linienführung eine Dynamik aufbauen.

Belichtungszeiten

Die Belichtungszeit ist die unmittelbare Grösse um die Bewegungsunschärfe zu kontrollieren. Der bewegte Motivteil wird um so unschärfer, je schneller das Motiv bewegt und je länger die Belichtungszeit ist.

Aufnahmedaten: 1/160s, f/5.6, ISO800

Aufnahmedaten: 2/3s, f/22, ISO100

Bei vorgegebener Belichtungszeit lässt sich die Blende zwar im Zusammenspiel mit der ISO-Empfindlichkeit beeinflussen, doch bleibt der Blenden-Spielraum insgesamt beschränkt, eine Variation der ISO-Werte von 100 bis 800 entspricht gerade mal drei Blendenstufen.

Eine lange Belichtungszeit favorisiert somit tendenziell eine kleine Blende und somit eine grosse Schärfentiefe. Es scheint fast, als würde die fotografische Technik nach einer Kompensation von Bewegungsunschärfe durch Schärfentiefe verlangen (Scharf-Unscharf-Kontrast).

Bei nebenstehendem Beispiel wurde der Spielraum bezüglich ISO-Werte von 100 bis 800 und Blende 5,6 bis 22 genutzt. Deutlich längere Zeiten würden sich durch Einsatz eines Neutral-Graufilters erzielen lassen.

Auch hier muss das richtige Mass der Unschärfe durch den Fotografen für jedes Bild individuell ermittelt werden.

Zum Einfrieren von Bewegung sind gute Lichtverhältnisse erforderlich und die Blende ist oftmals voll geöffnet. Für Sportfotografen entsteht daher die zusätzliche Herausforderung, ein sich oftmals schnell bewegendes Motiv bei geringer Schärfentiefe genügend genau fokussieren zu können. Ein paar Richtwerte für erforderliche Verschlusszeiten zum Einfrieren von Bewegung können als Ausgangswert für eigene Versuche dienen:

Bewegung   nahe weit Mitziehen
Gehen ~5km/h 1/250s 1/125s 1/30s
Laufen ~10km/h 1/500s 1/250s 1/125s
Ballwurf   1/1000s 1/500s 1/125s
Auto ~80km/h 1/4000s 1/2000s 1/1000s

Wenn das Motiv nicht stillhält

Auch wenn das Motiv nicht gewillt ist stillzuhalten, wünscht man sich gelegentlich ein Bild ohne all zu starke Verwischung. Dafür können Sie etwas tun:

Wenn alle Stricke reissen bleibt Ihnen nichts anderes übrig als den Wischeffekt ins Bild zu integrieren. Wichtig ist, dass der Wischeffekt dann deutlich zum Ausdruck kommt, ansonsten wird die Bewegungsunschärfe als Fehler empfunden.